«Bedrohliche Zukunft, dunkle Vergangenheit? - Zeitkrise Europas»
Veranstaltung vom 27. Januar 2025 im Casino Bern
Hartmut Rosa, geboren 1965, ist einer der bedeutendsten Soziologen unserer Zeit. Er ist Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie Direktor des Max-Weber-Kollegs in Erfurt. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Tractatus- Preis, den Erich-Fromm-Preis, den Paul Watzlawick Ehrenring und den Gottfried Wilhelm Leibnitz-Preis 2023.
Moderne Gesellschaften können sich nur dynamisch stabilisieren, das heißt, sie müssen unablässig wachsen, beschleunigen und innovieren, um ihre Institutionen zu erhalten und ihre soziale Struktur zu reproduzieren. Charakteristisch für die Moderne war über zwei Jahrhunderte hinweg die Vorstellung und die Erfahrung, dass diese Dynamik mit einer Verbesserung der Lebensverhältnisse einhergeht. Heute ist jene Überzeugung erloschen: Die Zukunftsbilder sind keine Verheißungen mehr, sondern Abgründe: Klimakatastrophe, Krieg, Seuchen, ökonomische Zusammenbrüche formen einen nahezu geschlossenen dunklen Zukunftshorizont. Und es fällt Europa und der ‚westlichen Moderne‘ derzeit schwer, eine Resonanzbeziehung zur Geschichte zu finden, die auch der gegenwärtigen Gesellschaft neue Energie zu spenden vermöchte: Es droht der individuelle und kollektive Burnout. Wie können wir unter diesen Bedingungen ein resonantes gesellschaftliches Welt- und Zeitverhältnis entwerfen?